Unsere zweite Tochter - Kongenitaler Hyperinsulinismus e.V.

Unsere zweite Tochter

Routiniert bewegten wir uns eilig in das große Klinikum, in dem auch unsere erste Tochter 3,5 Jahre zuvor geboren wurde. Schnell die nun bald kleine „Große“ im Kindergarten abgeben und dann ins Klinikum fahren. Was für ein Ereignis 2 Stunden später war unsere „kleine“ zweite Tochter M. da.

Am nächsten Morgen durfte die nun schon „große“ Schwester stolz mit Oma und Opa das Baby begrüßen. Alle waren glücklich. Mama wollte mit der „Kleinen“ noch ein paar Tage in der Klinik bleiben. Am selben Abend kamen die Sorgen. Das Baby war plötzlich ganz matt. Zum Glück hatte die Klinik eine gute Intensivstation. Wir bekamen die Nachricht, dass die Zuckerwerte nicht ok sind. Dieser Zustand hielt mehrere Wochen an. Es kam Ostern und die Ärzte waren noch genauso ratlos. Wir bekamen die Situation genau erklärt. Einige Nächte betrieb ich mit diesen ersten medizinischen Infos Internet-Research.

Da las ich von Diabetes bis hin zu Kongenitalem Hyperinsulinismus (CHI). Ich sah Informationen von Spezialisten in der Charité, die Internetseite des Kongenitalen Hyperinsulinismus Vereins. Parallel berichtet mir meine Frau, die immer noch in der Klinik beim Baby war, von der jungen Assistenzärztin auf der Intensivstation, die von der Ausbildung aus Berlin kam. Sie gab auch erste Infos auf die Spezialisten der Charité. Als sie hörte, dass wir parallel selbst erste Erkundigungsergebnisse zur Charité eingeholt hatten, wurde im Ärzteteam der Geburtsklinik eine Verlegung nach Berlin diskutiert und die Charité übernahm Baby M. mit einem längeren Helikopterflug. Wir waren mit dem Auto 2 h später in der Charité.

Unsere Tochter war, wie in den vorherigen Wochen, wieder an vielen Schläuchen angeschlossen auf der Intensivstation. Jedoch konnte meine Frau direkt mit ihr in einem Zimmer untergebracht werden.
Nach der freundlichen Begrüßung durch die Berliner Spezialisten sagte man uns es kommt sehr auf die genaue Diagnose an, ob und wie in welchem Umfang geholfen oder sogar geheilt werden kann. Wir hörten das man in ca. 30% der CHI Fälle eine fokale Ausprägung und in 70% eine diffuse Ausprägung findet. Zum aktuellen Zeitpunkt sei es möglich, im fokalen Fall ggf. durch eine gezielte Operation an der Bauchspeicheldrüse Heilung herbeizuführen. Wir hatten neben den Ärzten auch viele Gespräche mit den Eltern aus dem Kongenitalen Hyperinsulinismus Verein, die in der Charité zu uns kamen. Es half uns sehr.

Vor und während der aufwändigen Diagnostikuntersuchung mit PET-CT warteten wir emotional sehr angespannt auf das Ergebnis.

Dann kam die erleichternde Nachricht. Es handelte sich bei unserer Tochter um eine fokale Ausprägung. Die Lage des Operationsgebietes sei sehr günstig und in ca. 2 Wochen kann unsere Tochter mit Heilungschance in der Charité operiert werden. Es klang wie ein Wunder. Dennoch sorgenvoll blickten wir auf die bevorstehende OP mit 6 Stunden Regeloperationszeit für das 8 Wochen alte Baby. Ein komplizierter Eingriff, der jedoch von einem sehr erfahrenen Ärzteteam durchgeführt werden konnte.

Als sich die OP-Raumtüren öffneten und uns die Operationsleiterin mitteilte, alles sei gut verlaufen und unsere Tochter sei auf der Intensivstation, waren wir unbeschreiblich glücklich.

Zwei Wochen später waren wir alle wieder zu Hause. Die „große“ Schwester erzählte im Kindergarten, dass ihre kleine Schwester und die Mama nun endlich nach 2,5 Monaten zu Hause angekommen sind und sie nun nicht mehr so viele Besuche im Krankenhaus machen muss, um beide zu sehen.

Unsere Tochter M. ist heute im zweiten Lebensjahr. Sie hat ab geglückter OP keine Krankheitssymptome und  seitdem medikamentenfrei. Sie ist altersgerecht entwickelt und führt ein ganz normales Leben. Gern ist sie mit ihrer großen Schwestern im Kindergarten. Zweimal im Jahr sind wir in Berlin in der Charité zu Untersuchungen bei den Ärzten und zu Veranstaltungen vom Kongenitalen Hyperinsulinismus Verein.

Liebe Eltern, habt Mut und lasst Euch von der Krankheit CHI bei einem eurer Kinder nicht unterkriegen. Sucht den Weg neben medizinischen Spezialisten auch zum Verein. Sucht Hilfe, Rat und Unterstützung.