Lea
Unsere Tochter Lea kam im September 2023 zur Welt. Die Schwangerschaft und die Geburt verliefen problemlos, und wir waren voller Vorfreude auf diesen besonderen Moment. Doch direkt nach der Geburt bemerkten wir, dass Lea sehr schlapp wirkte. Aufgrund ihres Gewichts von über 4 kg wurde mehrmals ihr Blutzucker gemessen, und es stellte sich heraus, dass sie unterzuckert war. Daher wurde Lea auf die Intensivstation verlegt und dort versorgt, was für uns als frischgebackene Eltern eine beängstigende Situation war.
Die Ärzte waren alarmiert, als Leas Blutzuckerwerte, statt sich zu stabilisieren, weiter fielen – zeitweise auf Niveaus von 19 oder sogar 7 mg/dl. Rückblickend erfuhren wir, dass dies ein äußerst kritischer Zustand war, der eine schnelle Reaktion der Ärzte erforderte – und die glücklicherweise auch erfolgte. Lea verbrachte ihre ersten Lebenswochen auf der Intensivstation, während wir ständig mit der Sorge um sie belastet waren.
Nach und nach wurde festgestellt, dass Lea an Hyperinsulinismus leidet, eine seltene Erkrankung, mit der die Ärzte im örtlichen Krankenhaus wenig praktische Erfahrung hatten. Sie konsultierten daher das Universitätsklinikum Heidelberg für weitere Schritte. Eine Therapie mit Diazoxid und Maltodextrin-Zugabe bei jeder Mahlzeit (alle 2-3 Stunden) wurde begonnen. Anfangs zeigte sie auch gute Ergebnisse, sodass Lea schließlich nach Hause entlassen werden konnte.
Leider war die Freude über die Entlassung nur von kurzer Dauer. Lea‘s Blutzuckerwerte gerieten immer wieder in den Bereich unter 40 mg/dl, was zu mehreren Notaufnahmebesuchen und wiederholten stationären Aufenthalten führte, um sicherzustellen, dass sie stabil blieb.
Nach 2-3 Wochen in dieser belastenden Situation stellten wir uns in der Stoffwechselklinik in Heidelberg vor. Hier wurde festgestellt, dass die Diazoxid-Therapie nicht die gewünschten Ergebnisse erzielte. Lea wurde erneut stationär aufgenommen, und die Therapie wurde auf Lanreotid umgestellt, was sofort deutlich bessere Ergebnisse zeigte. Wir erhielten zudem eine Empfehlung, uns am Charité Berlin vorzustellen, wo es ein spezialisiertes Zentrum für Hyperinsulinismus gibt. Ohne zu zögern, vereinbarten wir einen Termin für Januar 2024.
In der Zwischenzeit erhielten wir die Ergebnisse der genetischen Analyse, die zeigten, dass Lea den Hyperinsulinismus von mir, ihrem Vater, geerbt hatte. Obwohl dies für mich persönlich eine unerfreuliche Erkenntnis war, deutete dies darauf hin, dass Lea die fokale, und somit heilbare, Variante hatte. Bis zum Termin in Berlin kehrte etwas Normalität ein, trotz der schmerzhaften Lanreotid-Spritzen alle paar Wochen und dem ständigen Blutzuckermessen.
Während unseres ersten Aufenthalts in Berlin fühlten wir uns schnell wohl. Alle Beteiligten kannten sich mit der Krankheit aus, und wir teilten das Zimmer mit einer Familie, deren Tochter im gleichen Alter ebenfalls Hyperinsulinismus hatte. Insbesondere Prof. Dr. Blankenstein und Prof. Dr. Kühnen gaben uns ein gutes Gefühl. Lea wurde weiteren Untersuchungen unterzogen, und durch die Bildgebung konnte die fokale Variante bestätigt werden.
Da Lea grundsätzlich durch die Lanreotid-Therapie stabil war, wurde uns eine Operation vorgeschlagen, die letztendliche Entscheidung lag jedoch bei uns. In dieser Phase half uns der Austausch mit anderen Familien, den Ärzten und dem Verein für Kongenitalen Hyperinsulinismus sehr.
Schließlich entschieden wir uns für die Operation. Denn auch wenn Lea durch die Lanreotid-Spritzen größtenteils stabil war und Werte im Bereich zwischen 70-100 mg/dl hatte, traten immer wieder unerwartete Unterzuckerungsperioden auf.
Dann kam der langerwartete Tag der OP: Nach sehr aufreibenden Stunden der Ungewissheit, wie die Operation verlaufen und ob alles in Ordnung ist, erhielten wir endlich den Anruf, dass wir zu Lea dürfen. Die Ärzte erklärten uns, dass die OP erfolgreich und ohne Komplikationen verlief. Unsere Tochter erholte sich schnell und Prof. Dr. Blankenstein erläuterte und uns nach 8 Tagen, weiteren Test (u.a. Fastentest) und Beobachtungen die Ergebnisse und erklärte, dass davon auszugehen ist, dass Lea geheilt ist. Ehrlicherweise brauchten wir ein paar Tage, um das zu realisieren. Jetzt, da wir zu Hause sind und den Blutzuckersensor abgelegt haben, könnten wir nicht glücklicher und dankbarer sein!
Obwohl die letzten 7 Monate zweifellos die härtesten unseres Lebens waren, sind wir als Familie zusammengewachsen und haben gelernt, Dinge zu schätzen, die wir oft für selbstverständlich halten. Wir möchten uns bei Prof. Dr. Blankenstein und Prof. Dr. Kühnen, allen Pflegern, Ärzten, dem McDonald’s-Haus, Ulrike vom HI-Verein, unseren Freunden, unserer Familie und allen anderen bedanken, die uns auf diesem Weg begleitet und dazu beigetragen haben, dass Lea ein normales Leben führen kann.